Das Sammeln, Ableiten und Reinigen von Abwasser hat im europäischen Kulturkreis eine erstaunlich kurze Tradition. Allein die frühen Bauten der Römer bilden hierbei die Ausnahme der Regel. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in Europa kein entsprechendes Problembewusstsein. Weder bei Entscheidungsträgern noch bei der ansässigen Bevölkerung spielte das Thema Abwasser eine ernstzunehmende Rolle. Zahlreiche Epidemien zu Beginn des 19. Jahrhunderts änderten daran nur wenig. Cholera, Typhus, Ruhr und Hepatitis wüteten. Der anfängliche Irrglaube, die Krankheiten würden über den Gestank der Abwässer übertragen, verzögerte deren ernsthafte Behandlung allerdings mehr, als sie voranzutreiben. Vorerst sollten Chlorkalk und Eisensulfat genügen, die Nasen und Ängste der Menschen zu beruhigen. Die Krankheiten blieben.
Erst Mitte des 19. Jahrhunderts begann der Bau erster Abwasser- und Kanalnetze in Deutschland.
Auch in Kaiserslautern flossen die Abwässer bis 1885 unbehandelt und offen in die unzähligen Bachläufe der Umgebung. Der Bau einer stadteigenen Kanalisation versprach optische und geruchliche Verbesserung. Bis zum ersten Weltkrieg 1914 ließ die Stadt so ca. 50 Kilometer Kanal im Zentrum verlegen. Zeitgleich entstand eine erste mechanische Kläranlage unterhalb der Neumühle.
Mit der mechanischen Reinigung begann das Zeitalter der modernen Klärtechnik. Auch wenn es noch Jahre dauerte, bis die eigentliche, biologische Reinigung nicht länger der Natur und deren Gewässern überlassen bleiben sollte.
Erst die steigende Menge an Abwasser und die begrenzten Möglichkeiten der Gewässer Abwasser zu reinigen, änderten den Fokus der Klärtechnik. Biologische Abbauprozesse hielten Einzug. Nach Ende des zweiten Weltkrieges entstand in Deutschland flächendeckend ein modernes Netz von Kläranlagen mit biologischer Reinigungsstufe. Kaiserslautern bildete hier keine Ausnahme.
Ab den 70er Jahren wurde die Abwasserreinigung stetig modernisiert und automatisiert. Heute ist eine Kläranlage mit höchstem technischen Standard und hochqualifiziertem Personal ausgestattet. Die Reinigungsleistung ist enorm, was für die Umwelt und vor allem für die aquatische Umwelt von größter Bedeutung ist.
Die Chronologie der Abwasserreinigung in Kaiserslautern wird nachfolgend dargestellt:
1885 - Mischwasserkanalisation
Das Kanalprojekt „Mischwasserkanalisation“ wurde ab 1885 umgesetzt. Die Stadt Kaiserslautern kaufte zur Gewährleistung der Wasserversorgung die Lauterquelle.
1888 - Zentrale Wasserversorgung
Der Ausbau einer zentralen Wasserversorgung und die geordnete Ableitung der anfallenden Abwässer begannen. Die Hauptkanäle folgten zu diesem Zweck den natürlichen Wasserläufen. Die Regenwasseraufnahme wurde in der Dimensionierung berücksichtigt. Die Einwohnerzahl der Stadt lag zu diesem Zeitpunkt bei ca. 37.000.
1896 - Die erste Kläranlage Kaiserslauterns
Am Ortsausgang unterhalb der Neumühle entstand die erste Kläranlage Kaiserslauterns. Ein mäanderartig durchflossenes Absetzbecken mit einem Fassungsvermögen von 2.700 m³ hatte die Aufgabe, sämtliche absetzbaren Stoffe festzuhalten.
1945 – Bau der Kläranlage am heutigen Standort
1949 – Bau der neuzeitlichen Mechanischen Klärung
1957 – Bau der Biologischen Klärung
1964 – Inbetriebnahme der Mechanisch-biologischen Klärung
1967 - Schlammentwässerung
Eine moderne Klärschlammentwässerung kam zum Abwasserbehandlungskreis dazu.
1972 - Faulbehälter
Die Kläranlage rüstete neue Faulbehälter mit größerem Volumen (2 x 4.000 m³) zur Schlammstabilisierung (Entseuchung) nach.
1975 - Drei Schönungsteiche
Drei Schönungsteiche mit einem Volumen von insgesamt 70.000 m³ wurden unterhalb der Kläranlage zur weiteren Verbesserung der Ablaufqualität angelegt.
1976 - Abwasserbehandlung
Aufbau eines Abwasserkatasters und Einführung einer Indirekteinleiterüberwachung.
1978 - Überschussschlammeindickung
In Kaiserslautern entstand die erste maschinelle Überschussschlammeindickung mittels Zentrifugen. Durch diese Maßnahme verringerte sich die Menge an Überschussschlamm drastisch. Eine effektivere Nutzung der Faulräume wurde so gewährleistet.
1989 - Inbetriebnahme der dritten Reinigungsstufe / Beginn Umbau zur weitergehenden Stickstoffelimination
Mittels alkalischen Fällmittels sank der Phosphatgehalt auf die nun gesetzlich geforderte Norm von 1 mg Phosphat pro Liter Wasser. Die Anordnung von Kaskaden zur Nitrifikation und Denitrifikation ermöglichte einen gezielten und höheren Stickstoffabbau. Anfallendes Klärgas wird in einem modernen Blockheizkraftwerk zu elektrischer Energie und Wärme umgewandelt, die jeweils zum Betrieb der Kläranlage eingesetzt werden.
1992 – Inbetriebnahme des zweiten Blockheizkraftwerks
1993 bis 1996 – Ausbau der Biologischen Klärung / Stickstoffelimination und Phosphorelimination mit Neubau einer 3. Reinigungsstraße (BIO III)
Die Stickstoffelimination wurde hier zum Mittelpunkt. Dazu wurde ein neues Belebungsbecken mit 9.500 m³ und zugehöriger Nachklärung gebaut. Parallel begann der Bau eines neuen Betriebs- und Verwaltungsgebäudes, in dem die Stadtentwässerung mit all ihren Funktionsbereichen ein neues zu Hause fand.
1996 - Einbau Faulschlammmischer Faulbehälter 1
September 1996 – 100jähriges Jubiläum
Feierliche Einweihung und offizielle Inbetriebnahme der nun zur weitergehenden Abwasserreinigung ausgestatteten Kläranlage.
1998 bis 1999 - Neue Wartungsmöglichkeiten
Die Sanierung der mechanischen Reinigungsstufe rückte in den Fokus der Abwasserbehandlung Kaiserslauterns. Der Bau eines begehbaren Rohr- und Installationskanals verbesserte die Wartungsmöglichkeiten der gesamten Kläranlage. Des Weiteren begann die Installation eines Prozessleitsystems zur zentralen Steuerung der Kläranlage und deren Außenstationen.
2000 – Inbetriebnahme des neuer Sandfang / Umbau der Vorklärung
2001 – Anschluss Stadt Otterberg, OG Schopp und OG Otterbach an die Kläranlage KL
2002 - Neue Rechenhalle
Die neue Rechenhalle mit Rechengut, Sandbehandlung und Abluftreinigung wird in Betrieb genommen.
2003 – Anschluss OG Krickenbach an die Kläranlage KL
2004 – Anschluss OG Sambach und OG Katzweiler an die Kläranlage KL
2006 – Modernisierung Schlammbehandlung
Bau einer neuen Halle mit Maschinentechnik zur Überschussschlammeindickung, Schlammentwässerung, Schlammlagerung und -verladung mit Abluftreinigung.
2008 – Umbau Belüftungssystem
Ein Umbau des Belüftungssystems mit Änderung der Verfahrensweise der biologischen Reinigungsstufe von vorgeschalteter zweistufiger Kaskadendenitrifikation auf Pfropfenströmung erfolgte. Durch diese Umstellung wurde der externe Strombezug deutlich reduziert. Im Bereich der biologischen Reinigungsstufe wurden 50% Energie eingespart.
2012 – Umbau Zentrale Warte mit neuem Prozessleitsystem / Neubau Brauchwasserstation
2013 – Erneuerung der Blockheizkraftwerke in Containerbauweise
2015 – Installation neuer, magnetgelagerter Turboverdichter zur Prozesslufterzeugung
2016 – Installation Batterietechnik zu Energieoptimierung
Auszeichnung „Energieneutrale Kläranlage Kaiserslautern“
2017 – Zertifizierung nach TSM (technisches Sicherheitsmanagement)
2020 – Inbetriebnahme Prozesswasserbehandlung Deamonifikation
2020 – 2021 Erneuerung Isolierung / Außenhülle Faulbehälter
2021 – Anschluss Teile Ramstein Airbase und neues US Hospital
Inbetriebnahme CSB-Fällung ZKA
Neubau Phosphat-Fällung, reduzierter Einleitwert Phosphor
Inbetriebnahme neues Verwaltungsgebäude südl. der A6 für 50 Arbeitsplätze
2022 – Inbetriebnahme einer Klärschlammmonoverbrennung (Thermische Verwertung Mainz) am Standort Mainz-Mombach, zukunftssichere Klärschlammentsorgung als interkommunales Gemeinschaftsprojekt
Mit weiteren verfahrenstechnischen Umstellungen, sowie maschinentechnischen Modernisierungen wurde der Strombezug im Laufe der Jahre soweit reduziert, dass 2016 die Auszeichnung "energieneutrale Kläranlage Kaiserslautern" ausgesprochen wurde.
1895 - Herstellung Süd-West Kanal
Vertiefung der Lautersohle im Bereich Maxstraße; die Lauter wird innerstädtisch zum unterirdischem „Kanal“ umfunktioniert, mit dem die Fäkalien abgeschwemmt werden können.
1954 bis 1976 – Kanalerweiterungen
Nachkriegsjahre und Bauboom. Jährlich wächst die Kanalisation um durchschnittlich fast 10 km.
1966 - Bau Rückhaltebecken „Opelparkplatz“
Bau des größten Rückhaltebeckens im Stadtgebiet. Das Becken im Bereich des Opelparkplatzes hat ein Rückhaltevolumen von 15.640 m³.
1980 - Bau Rückhaltebecken „Uni Wohngebiet“
Das Rückhaltebecken im Uniwohngebiet ist mit einem Rückhaltevolumen von 14.850 m³ das zweitgrößte Becken im Stadtgebiet und schützt die Innenstadt vor zu großen Zuflussspitzen aus der Peripherie.
1987 - Kanalsanierung in geschlossener Bauweise
Seit 1987 werden in Kaiserslautern Kanalsanierungen auch in geschlossener Bauweise durchgeführt.
Neben eher punktuellen Reparaturarbeiten mit Kanalrobotern werden auch ganze Kanalabschnitte durch das Einziehen und Erhärten von Schläuchen (Inlinern) bei Profilhöhen bis zu 1,50 m saniert. Durch diese Verfahren in geschlossener Bauweise werden die Beeinträchtigungen gegenüber einer konventionellen Erneuerung in offener Bauweise deutlich reduziert. Zudem verringern sich die Bauzeit und die Kosten erheblich. Mittlerweile werden auch begehbare Großprofilkanäle in geschlossener Bauweise mit Kurzrohren auf GFK-Profilen saniert.
1998 - Modifizierte Entwässerungssysteme im Stadtgebiet
Aufgrund der geänderten gesetzlichen Vorgaben zur Rückhaltung und Zwischenspeicherung von Regenabflüssen werden im Zuge der Realisierung von Neubaugebieten weitestgehend modifizierte Systeme realisiert. Bei diesen Systemen wird das anfallende Regenwasser auch auf den Grundstücken zurückgehalten und kann größtenteils versickern. Auch in die Verkehrsräume werden Mulden und Rinnensysteme integriert. Im PRE-Park wurde eines der ersten Mulden-Rigolen-Systeme im Bundesgebiet ausgeführt.
2000 - Hochwasserrückhaltebecken „Lautertal“
Im Bereich der Lauteraue wird durch Renaturierungsmaßnahmen und Geländemodellierung ein naturnahes Rückhaltevolumen von 105.000 m³ bereitgestellt, um bei Starkregenereignissen die Gemeinden im Lautertal vor Überflutungen zu schützen. Ein Projekt auch im Rahmen der Landesgartenschau Kaiserslautern 2000.
2008 - Beschluss zum Generalentwässerungsplan (GEP) für den Kernstadtbereich
Ab 2009 werden Kanalbaumaßnahmen im Stadtgebiet mit geplantem Investitionsvolumen bis 2030 in Höhe von über 40 Mio. € umgesetzt. Durch diese Maßnahmen soll das Überflutungsrisiko in der Innenstadt sowie die Hochwassergefahr für das Lautertal weiter verringert werden.
2012 - Inbetriebnahme Kaskadenwehr und Stauraumkanal Berliner Brücke
Zu den wichtigsten GEP-Maßnahmen gehören die Herstellung von Stauwehranlagen im Kanal in den Bereichen „Berliner Brücke“ und „Lothringer Dell“ sowie die Herstellung mehrerer Kanäle mit einem Durchmesser größer 2,00 m, wie auch der neuer Abfangsammler unter dem Stadtteil „Kotten“. 2012 gehen die ersten Wehranlagen an der Berliner Brücke zur Stauraumbewirtschaftung in Betrieb.
2013 - Hochwasserrückhaltebecken im Bereich Lothringer Dell
Im Bereich der Lothringer Dell wurde ein zusätzliches offenes Erdbecken mit einem Rückhaltevolumen von über 15.000 m³ zu Rückhaltung von Mischwasserentlastungen bei größeren Regenereignissen hergestellt.
2015 - Vortrieb Abfangsammler „Kennelstraße“
Zur Entlastung der Innenstadt wurde in den Jahren 2014 und 2015 ein Kanal mit einem Durchmesser von bis zu 2,40 m in einer Tiefe zwischen 3 und 13 m unter dem Stadtteil „Kotten“ von der Mühlstraße zur Apostelkirche und weiter bis zur Marienkirche errichtet. Ca. 500 m davon unter engen Straßen und ohne Schäden an der vorhandenen Bausubstanz zu hinterlassen mit Hilfe einer Vortriebmaschine.
2017 - Inbetriebnahme Kaskadenwehr und Stauraumkanal Lothringer Dell
Nach dem Staukanal oberhalb „Berliner Brücke“ in 2012, geht in 2017 die zweite Stauwehranlage an der „Lothringer Dell“ in Betrieb, nachdem der dortige zentrale Regenüberlauf zurück gebaut und nun durch einen Stauraumkanal mit untenliegender Entlastung ersetzt wurde. Die eingesetzten, schnell in der Höhe verfahrbaren Wehre ermöglichen einen optimierten Gewässerschutz für die Lauter, da der verfügbare Stauraum im Kanal zu jeder Zeit optimal genutzt und das Abwasser besser zur Kläranlage weitergeleitet wird.
2023 - Inbetriebnahme der erneuerten Pumpstation Engelshof
Die Pumpstation aus dem Jahr 1960 wurde auf den aktuellsten technischen Stand gebracht. Im Stadtteilpark „grüner Winkel“ ist auch die Außengestaltung mit Gründach, Fassadenbegrünung und Graffiti-Gestaltung ein Blickfang für die Nutzer des vorbeiführenden Barbarossa-Radweges. Die alte Pumpe Baujahr 1960 ziert den Außenbereich des neuen Verwaltungsgebäudes am Blechhammerweg 40.
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